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Zutiefst menschlich führen

Hans Strobl-Aloni ist Co-Founder der International Academy of Transformative Leadership (IATL), wo er sich auf die Weiterentwicklung von Leadership- und Transformations-Content sowie die Weiterbildung der Mentor_innen fokussiert. Darüber hinaus ist er als Unternehmensberater für Restrukturierung und transformative Unternehmens- und Führungskultur tätig. Im Interview erklärt erklärt er wie Mitgefühl und menschliches Führen die Zukunft von Leadership beeinflussen werden.

Was verstehen Sie unter „Führung“ und was zeichnet eine Führungskraft aus?

Hans Strobl-Aloni: Das ist eine Fragen, die mich schon seit Jahren begleitet. Für mich bedeutet Führung in erster Linie, dass ich mein Leben als Führungskraft meinen Mitmenschen zur Verfügung stelle. Als Führungskraft investiere ich meine Ressourcen, meine Zeit, meine Liebe in das Wachstum anderer Menschen. Ich versuche, den Fokus von mir, hin zu anderen zu legen und bekomme dadurch die Gelegenheit, selbst mitzuwachsen.

Es ist ein Prozess, weg vom Nehmen, hin zum Geben. Die meisten Führungskräfte sind in einer Sandwichposition, sie kriegen Druck von oben, aber auch von unten. Das betrifft Abteilungsleitende genauso wie Top-Führungskräfte, sogar Eigentümer sind gefordert, ob durch Banken, Familie oder andere Faktoren. Hier ist es entscheidend, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln, damit ich nicht in die Versuchung komme, mich selbst zu sabotieren. So komme ich in die eigene Kraft, entwickle Self-Empowerment und stärke das Empowerment der anderen. Mitgefühl ist sicher die menschliche Qualität, die das größte Wachstum hervorbringt und das größte Heilpotenzial für Führungskräfte hat.

Und wie kann ich Mitgefühl entwickeln?

Strobl-Aloni: In dem ich beginne, die Dinge mit etwas Augenzwinkern zu sehen. Ich gehe nicht so streng mit anderen und mit mir selbst ins Gericht. Und ich erlaube mir, Anteil am Gefühl anderer zu nehmen. Führungskräfte trauen sich oft nicht, Gefühle zuzulassen, weder bei anderen, noch bei sich selbst. In den meisten Unternehmen geht es ziemlich straight zu. Das hat natürlich seine Vorteile und ist manchmal auch gut.

Oftmals bringt es aber das Gegenteil bei den Menschen hervor. Nämlich das Gefühl, permanent unterdrückt zu werden. Und das führt dazu, dass ich mir innerlich einen emotionalen Berg aufbaue, der früher oder später zu einem mentalen Berg wird, der mich irgendwann erdrückt. Wir wissen durch Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation, dass spätestens mit 2030 mentale Krankheiten die größten gesundheitlichen Herausforderungen darstellen werden, und zwar global. Im betrieblichen Kontext mündet dann vieles an diesen Problemen bei der Führungskraft, weil diese schlussendlich die Verantwortung zu tragen hat.

Sind Führungskräfte offen für das Thema Mitgefühl?

Strobl-Aloni: Ja und Nein. Führungskräfte verspüren einen enormen Leistungsdruck, gerade Personen aus der älteren Generation, die auf Leistung konditioniert sind. Für sie ist das Thema Mitgefühl oft mit Scham, vielleicht auch Schwäche, verbunden. Wenn diese Personen zu den Seminaren unserer Akademie kommen, dann oft aus einem Leidensdruck heraus, sie denken sich, jetzt habe ich bereits alles probiert, jetzt ist es auch schon egal. Interessanterweise habe ich bei Führungskräften, die aus einer Not heraus und ohne den Glauben an Veränderung, zu uns kommen, die Erfahrung gemacht, dass diese in kürzester Zeit sehr positive Effekte erzielen.

Grundsätzlich ist es aber so, dass es seine Zeit braucht, bis sich Veränderungen einstellen. Es ist wie einen Samen säen, es dauert eine Zeit, bis der Samen zu einem Pflänzchen wird und bis er dann zu blühen beginnt. Das kann Monate oder Jahre dauern. Was den Transformationsprozess beschleunigt, ist, wenn die Menschen Mitgefühl von anderen erfahren. Auf einmal hat jemand Verständnis, ist empathisch mit ihnen, und als Sahnehäubchen oben drauf noch mitfühlend. Diese Menschen baden sich richtig in diesem Gefühl, sie können mal so richtig loslassen, sich selber spüren und so sein wie sie sind. Das stehen sie sich im unternehmerischen Kontext oft nicht zu.

Was sind die wesentlichen Bausteine der Seminare und Coachings, die Ihr über die Akademie anbietet?

Strobl-Aloni: Zum einen transformatives Zuhören. Hier lasse ich von jeder Erwartungshaltung los, höre nur zu und lasse das kommen, was kommt. Ich bringe auch keine Lösungsvorschläge oder gebe Antworten. Ich bringe meinen Gegenüber in einen Zustand, in dem die Person das ausdrücken kann, was er oder sie sonst nicht sagen würde. Dieses sprichwörtliche „sich etwas von der Seele reden“ kommt hier zum Tragen. Aber nicht in Form von sich Auskotzen, sondern als wirklich tiefer emotionaler Ausdruck. Hier erfahren die Teilnehmenden das Mitgefühl. Und zum anderen Awareness Training.

Hier lernen sie zu beobachten, was gerade in ihnen auf gedanklicher, körperlicher und emotionaler Ebene vorgeht, ohne das Beobachtete zu bewerten. So komme ich ganz automatisch in eine mitfühlende Haltung. Und dann richte ich mich nach außen, was fühlen andere gerade. Das ist etwas, was ich als Führungskraft in meinem Arbeitsalltag machen kann. Ich schaue ins Büro, nehme die Mitarbeitenden wahr und bemerke, dass es jemanden nicht gut geht. Ich bleibe ein paar Sekunden bei diesem Menschen und gehe bewusst in eine mitfühlende Haltung. Ich bin einfach da. Das reicht für das Erste, da sich in mir etwas verändert, und dadurch auch in der Gemeinschaft. Das ist eine starke Kraft.

Was verstehen Sie unter menschlicher Transformation?

Strobl-Aloni: Für mich bedeutet Transformation, dass Menschen zurück in ihre Natürlichkeit kommen, dass sie ihre Konditionierungen und Masken ablegen, und dadurch ihr wahres Potenzial freisetzen. In unseren Seminaren messen wir an 44 Fragen, wie sich das Verhalten von Menschen in ganz konkreten Führungssituationen verändert. Diese Fragen lassen sich in drei Bereiche einteilen. Der erste ist Awareness: Wie gut gelingt es mir, mich selbst und mein Umfeld tatsächlich im Alltag wahrzunehmen.

Der zweite ist der mitfühlende Zustand: Wie reagiere ich in bestimmten Situationen auf mich und auf andere. Und der dritte ist das Alignment, das Abgestimmt sein der Verstandesebene mit dem Körper. Hier ist mentale Stärke und positives Mindset gefragt, weil sie direkte Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben. Die Ergebnisse dieser Messung fließen dann in unsere Programme, die genau auf die Verbesserung in diesen drei Führungsbereichen abzielen.

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Welche Auswirkungen hat das auf die Führungsarbeit und die Organisation in Unternehmen?

Strobl-Aloni: Ich merke, dass Führungskräfte sehr stark durch den Umstand, dass sie Kontrolle verlieren, gefordert sind. Früher saßen wir im Büro, der Mitarbeitende kam und ging zu einer bestimmten Zeit, wir haben durch mehrere Gespräche über den Tag hinweg gewusst, an was er oder sie gerade arbeitet. Das fällt heute oftmals weg. Führungskräfte sind daher gezwungen, in eine geistige Flexibilität und in ein Vertrauen jedem Mitarbeitenden gegenüber zu kommen. Das ist für viele gar nicht so einfach, da sie es zum Teil über Jahrzehnte anders gewohnt waren.

Das System wandelt sich, ist in Transformation, und der Mensch dreht sich nicht mit. Da entsteht eine Lücke, und diese Lücke bereitet den Führungskräften einen inneren Schmerz. Sie verstehen die Welt nicht mehr, verstehen die Jungen nicht mehr, verstehen das Unternehmen nicht mehr, welches das überhaupt zulässt. Wenn sich Führungskräfte jedoch auf diesen Wandel einlassen, werden die Vorteile sichtbar. Ich glaube, dass die nächsten Jahre noch mehr Flexibilität, noch mehr Vertrauen in die Menschen und ins Leben erfordern werden. Wenn ich mit der Bewegung mitgehe, dem eine Chance gebe, dann ist das kaum ein Problem, da ich wesentlich weniger Reibungsfläche habe als wenn ich stehenbleibe und am Alten festhalte.

Mein Appell an die Führungskräfte lautet, die Veränderung im Außen zu akzeptieren, aber noch stärker die Veränderung in sich selbst zuzulassen. Und genau hier setzen wir als IATL an, bei der menschlichen Transformation. Ein Wandel aus dem Kern heraus, aus der menschliche Mitte. Wenn eine Führungskraft sich selbst Flexibilität und Kreativität nicht zugesteht, ist es oft schwer, anderen den notwendigen Freiraum zu geben. Dann entsteht eine innere Spaltung und die erzeugt einen irrsinnigen Druck. Wir unterstützen Unternehmen bei der Entwicklung einer Kultur, die zutiefst menschlich ist, das ist unser Zugang. Natürlich gibt es unternehmerische, finanzielle Ziele, die zu erreichen sind, aber der Weg dorthin darf ein menschlicher sein. Das wiederspricht sich nicht. Wir stellen den Menschen und seine Potenzialentwicklung in den Vordergrund. Wächst der Mensch, wächst das Unternehmen. Die Formel ist so simpel.

Wie sehen Sie die Zukunft von Leadership?

Strobl-Aloni: Führungskräfte werden in Zukunft noch stärker erkennen, das Lösungen mit dem Verstand alleine nicht mehr kreiert werden können. Ich kann mit dem Verstand nur das lösen, was kompliziert ist, Komplexität kann der Verstand nicht mehr händeln. Und da kommt die Intuition ins Spiel, die Führung aus der menschlichen Mitte. Da passiert nämlich Folgendes: Wenn ich den Verstand aufgebe, kann die Intuition wieder durchkommen. Die Intuition als wahre Führung in uns wird in den nächsten Jahren stärker ein Thema werden. Die Intuition führt, der Verstand führt aus. Das wird in Zukunft ein perfektes Zusammenspiel. Dazu braucht es Vertrauenskultur, Fürsorgekultur und als höchste Stufe eine Akzeptanzkultur. Lasst die Menschen entscheiden, wo sie hinwollen. Und als Führungskraft nur mehr beobachten, und wenn nötig, mit Feingefühl eingreifen.

Weitere Informationen zu Hans Strobl-Aloni

Weiter Informationen zur International Academy of Transformative Leadership

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